Inspiration Inspiration

Lieber Benno, Du sagst, Innovation folgt der Inspiration. Was aber genau ist Inspiration?

Die wissenschaftliche Meinung und Erkenntnis und ebenso meine Meinung ist, dass mit Inspiration Kreativität und Ideenfindung startet. Die Inspiration geht also immer der Idee voraus. Das ist für mich ein erster wichtiger Punkt. Ein zweiter wichtiger Punkt ist: Inspiration tritt von außen an uns heran. Wenn man der Wortbedeutung nachgeht, handelt es sich um eine Beseelung. Allgemein üblicher verwendet wird hier vielleicht Eingebung oder unerwarteter Einfall. In der Summe heißt es, dass Inspiration von außen an mich herantritt und in mir hilft, eine entfachte Idee zu produzieren.

Fern der verbreiteten Empfindung, Inspiration sei nicht im Business zu gebrauchen, bin ich der Ansicht, dass Business und Inspiration absolut kompatibel sind.

 

Warum wird Inspiration dann noch so wenig genutzt bzw. warum glaubst Du, ist das Thema noch sehr im künstlerischen Bereich und nicht auch in allen anderen Lebensbereichen verankert?

Aus vielen 100 Jahren Literatur und eigenen Erfahrungen wissen wir tatsächlich: Um am Ende eine Idee zu haben, die erfolgreich ist und die vielleicht eine Innovation wird, braucht es ganz am Anfang Inspiration. Ohne Inspiration geht es im Wesentlichen nicht. Das ist Erkenntnis und Erfahrungsstand zugleich. Doch die meisten Menschen haben keine Idee, wie sie sich Inspiration verschaffen können. An dieser Stelle hilft uns ein schönes Zitat von Leonhard Frank, einem deutschen Schriftsteller. Sinngemäß heißt es: Inspiration ereignet sich selten und nie ohne Zutun des Autors. Sie ereignet sich während der Arbeit durch die Arbeit. Und dieses Zitat sagt eben eindeutig: »Du musst etwas tun. Du musst aktiv werden.«

 

Wie genau kann ich denn etwas zutun, wie verschaffe ich mir Inspiration? Kann das jeder?

Jeder kann sich Inspiration verschaffen. Und das ganz konkret. Es hat eben mit Aktivität zu tun, mit Sensibilität für Inspiration. Es geht darum, inspirationsempfindlich und damit auch inspirationsempfänglich zu werden. Ein wichtiger Punkt ist die Haltung: Mit der Haltung zu mir selbst und meinen inneren Werten. So zum Beispiel meine Haltung zu Veränderung. Wenn wir uns umschauen wird klar, dass nichts auf der Welt stillsteht, zu keiner Sekunde. Alles ist in ständiger Veränderung. Für mich ist das gut. Und genau mit so einer Haltung kommen wir Inspiration näher. Denn wenn ich mit meiner Ansicht etwas zum guten Wenden will, wenn ich Ideen umsetzen und etwas verändern möchte, wenn ich offen und neugierig bin, dann erst wird Inspiration aus meiner Haltung heraus möglich. Es gibt Haltungen, die begünstigen Inspiration. Und es gibt jene, die ihr eher im Wege stehen.

Inspiration ohne Neugierde und Neugierde ohne Inspiration geht nicht. Menschen, die neugierig sind, im Sinne von breit interessiert, die haben es mit Inspiration einfacher. Also in dem Moment, wo ich mich neugierig auf den Weg mache, die Welt zu entdecken, passiert Inspiration.

Dazu gehört, dass ich mich aktiv auf die Suche machen muss. Ich muss meinen Schreibtisch verlassen und andere Orte aufsuchen. Was bei dem Einzelnen beginnt, breitet sich auf ein ganzes Team und ein ganzes Unternehmen aus. Inspiration kann Business – und das schon lange. Denn sie ist konkret, praktisch, anwendbar, messbar, erfahrbar. Es gibt Übungen, die uns dabei helfen, uns auf die Socken nach Inspiration zu machen. Wer jetzt auf den Geschmack gekommen ist, wird hier fündig:

Wenn es so praktisch ist, warum tun wir es so selten, Inspiration finden und leben?

Unser Gehirn funktioniert, wie es eben funktioniert. Wir sind musterbildende Wesen, im Sinne von: Wir erleben Sachen und Dinge, die für uns relevant erscheinen. Mit unserer selektiven Wahrnehmung speichern wir diese Dinge als Muster ab. So zum Beispiel wenn ich Auto fahren lerne. Kommt eine rote Ampel, muss ich bremsen. Rote Ampel = bremsen wird als Muster abgespeichert. Das sorgt dafür, dass ich nicht mehr bewusst darüber nachdenken muss, vor einer roten Ampel zu bremsen. Ich spiele einfach das Muster ab und es passiert. Es passiert im Unterbewusstsein. Und das macht unser Gehirn. Wir etablieren Gewohnheiten, um weniger Ressourcen im Stoffwechsel zu verbrauchen, denn unser Gehirn ist ein Energiesparorgan. Das ist der Stand der Wissenschaft. Es fällt uns schwer, Gewohnheiten und Muster zu brechen – denn sie vereinfachen unser Leben, sorgen für Struktur und Ordnung, geben uns Sicherheit. Inspiration lebt von dem Neuen, dem Unerwarteten, von Dynamik aus dem Erleben.

Außerdem ist es – wie zuvor bereits gesagt – eine Frage der Haltung, des individuellen Naturells. Wir haben nicht alles in der Hand, was Inspiration betrifft. Aber wir können ihr einen Weg ebnen.

 

Wie würdest Du ein Leben ohne Inspiration beschreiben?

Am besten mit folgendem kleinen Teufelskreis:

Menschen, die nicht inspirationsempfindlich sind, sind leidenschaftslos
Menschen, die leidenschaftslos sind, setzen keine Erschaffensprioritäten
Menschen, die keine Erschaffensprioritäten setzen, haben keine Zeit
Menschen, die keine Zeit haben, schauen nie richtig hin
Menschen, die nie richtig hinschauen, stellen nie die richtigen Fragen
Menschen, die nie die richtigen Fragen stellen, finden niemals die wahren Probleme
Menschen, die niemals die wahren Problemen finden, sind maximal minimalkreativ
Menschen, die minimalkreativ sind, erzeugen maximal nur Pseudoinnovationen
Menschen, die Pseudoinnovationen erzeugen, werden leidenschaftslos
Menschen, die leidenschaftslos sind, werden inspirationsunempfindlich

 

Wie ist ein Leben mit Inspiration?

Raus aus dem Tunnel, rein in ein dynamisches, kraftvolles, schöpferisches Leben. Die Inspiration eröffnet Menschen eine Welt, in der sie neue Dinge im Alltäglichen entdecken. Im Normalfall und ohne Inspiration sind diese vielleicht gar nicht sichtbar. Und hier greift ganz wunderbar ein Satz von Leonardo da Vinci, der aussagt: Um die Welt neu zu erschaffen und zu neuen Möglichkeiten vorzudringen, musst du die Welt mit den Augen eines Kindes sehen.

Mit den neugierigen Augen eines Kindes lernen wir, durch richtiges Hinschauen, Inspiration zu finden, Chancen zu entdecken und gute Ideen zu entwickeln. Meine Familiengeschichte ist Zeugnis dafür – wir leben Inspirationskompetenz seit 1770.

 

Abschließend die Frage: Was ist Inspiration speziell für dich?

Inspiration ist für mich ein Teil meines Lebens. Ein Leben in der 7. Generation einer Künstlerfamilie. Inspiration ist immer und überall da. Für mich ist sie nichts Besonderes, wenn man so will, aber ich habe im Laufe der Jahre eben gesehen, wie besonders sie für andere Menschen ist, die mit Inspiration noch nicht in Berührung gekommen sind und wie viel sie dann bewirkt. Und ja: Inspiration ist total konkret, kein Zauber oder nichts Zwischenweltliches, was nicht greifbar ist. In meiner Arbeit wird Inspiration erlebbar. Und damit Fantastisches möglich.